Schon in meinem Bachelorstudium war für mich klar, dass ich mir die Chance eines Auslandsemester nicht entgehen lassen will. Die Möglichkeit ein Land und dessen Kultur als dort lebender Student kennenzlernen, ist ein Abenteuer, das ich mir nicht entgehen lassen wollte. Leider folgte dann die Zeit von Covid, weshalb der Traum noch ein Traum blieb. Mitunter um dies nachzuholen, habe ich mich für den MSE Master entschieden.
Als es um die Wahl der Destination ging, konnte ich mir kein spannenderes Land vorstellen als Japan. Eine so fremde Kultur – alles anders, alles interessant und extrem vieles zu entdecken. So war es dann auch; alles ist tatsächlich komplett anders und vieles ist überfordernd – dadurch persönlich aber auch umso lehrreicher.
Die OST hat einen Partner-Vertrag mit dem SIT, welches zentral in Tokyo gelegen ist. Der Campus wirkt prunkvoll und man könnte sich nicht mehr «mittendrin» fühlen. Das SIT ist eine private Universität, welche sich auf Architektur und Ingenieurswissenschaften fokussiert und auch grosse Bemühungen in den internationalen Austausch steckt. Gleich wie die OST, sind enge Beziehungen zur Industrie geknüpft und ein zentraler Bestandteil des Masters ist eine Masterarbeit, welche sich über das ganze Studium erstreckt, im Gegensatz zu uns, ein Projekt am Ende. So gehört jeder Student einem Labor an, wie auch ich als «Research Exchange». Um nur Kurse zu besuchen gibt es noch das «Sandwich Programm». Ich würde jedoch empfehlen als «Research Exchange» zu kommen, da man so auch Kurse belegen kann und im Labor eher in Kontakt lokalen Studenten kommt.
Der Kontakt mit meinen Labor-Kollegen war aber auch der engste den ich mit Japanern knüpfen könnte. Denn wie man es erwarten würde, sind die Japaner nicht die gesprächigsten, vor allem nicht in Englisch und dann gibt es auch noch die Kulturelle Barriere zu überwinden. Zum Glück konnten die meisten in meinem Labor relativ gut Englisch und haben sich auch ausserordentlich um den Kontakt zu mir bemüht, was ich als ein sehr nettes und interessantes Zusammensein empfunden habe. So haben sie mich gleich am Anfang zum «Teppanyaki» Tischgrill-Essen eingeladen – traditionell im Sitzen auf einem «Tatami-Boden».
Das Essen war ohne Ausnahme sensationell und auch meistens recht preiswert mit 5-15 CHF in einem Restaurant. Ich habe so viele neue Gerichte entdeckt, dabei ist aber Ramen unangefochten mein Favorit. An jeder Ecke in Japan ist ein Ramen-Restaurant zu finden und wenn bei Google eine Bewertung von 4 oder mehr steht, ist es mit Sicherheit gut!
Allgemein ist Japan vergleichsweise günstig – nicht zuletzt wegen der wirtschaftlichen Situation und dem momentan schwachen Yen. Das hat mich überrascht, da man sonst eher hört, dass es ein teures Reiseland ist. Ich denke es ist das perfekte Reiseland und das Preisniveau äusserst attraktiv für Hotels, Zug-Tickets und Essen.
Auch die Sicherheit ist etwas, was man schätzen kann, obwohl wir Schweizer diesbezüglich ein bisschen verwöhnt sind. Was man liegen lässt, findet man wieder wie zurückgelassen vor, ausser es sollte nicht da sein. Dann hat es mit Sicherheit ein Security-Mitarbeiter oder sonst wer schon weggeräumt. Denn in Japan hat alles System, alles hat seinen Platz und wenn man eine Lösung ausserhalb dieser gesteckten Ramen sucht, kann man in Schwierigkeiten kommen – speziell, wenn man nicht weiss, wie «das System» funktioniert. So auch ich, mit medizinischen Problemen, beim Versuch an Medikamente zu kommen. Die CSS weiss nicht, wie es funktioniert, die Schweizer Post, Fed-Ex und die Japanische Post kann auch nicht weiterhelfen und ohne japanische Begleitung empfängt einen eigentlich kaum ein Arzt, ausser spezielle Kliniken für «Internationals». Deshalb sind solche Dinge sicher etwas, was man akribisch planen und abklären sollte, um akute Probleme hier zu vermeiden.
Ich bin glücklicherweise genau zur Kirschblütenzeit («Sakura») in Japan angekommen. Das war nicht nur ein Erlebnis, weil es überall schön aussieht, sondern auch, weil einen die Menschanassen in den Parks schocken können.
Ein anderes Erlebnis, was ich jedem nur empfehlen kann, ist es einem Sumo-Kampf beizuwohnen. Allerdings sollte man dazu früh gleich bei Verkaufs-Eröffnung Tickets kaufen, denn die Webseite ist komplett überlastet. Nur mit Mühe und Glück konnte ich letzte Tickets ergattern. Ausserdem sollte man die Regeln im Voraus genau studieren, sonst versteht man kaum was gerade passiert – bei all den Traditionen, Ritualen und Gepflogenheiten.
Nicht zuletzt auf Grund der schieren Grösse von Tokyo gibt so unendlich viel zu entdecken. Seien es Events jedes Wochenende, Kurz-Tripps mit der Bahn oder Mietauto in der Umgebung oder auch immer neue Stadtteile. Andere Städte wie Kyoto, Osaka, Hiroshima oder Sapporo sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Es ist unglaublich wie viel man in so ein Austauschsemester packen kann. Darum empfehle ich angehenden Austauschstudenten ihre Credits eher sparsam einzuplanen, um genügend Zeit für kleine Reisen zu haben. Nicht zuletzt auch, weil man den Aufwand zur Planung des Semesters und Administration vor Ort nicht unterschätzen sollte. Für kleine Angelegenheiten können schnell mal zwei volle Tage nötig sein.
Alles in allem bin ich mit meinem Aufenthalt mehr als zufrieden. Ich habe viel gelernt und Japan hat mich sehr im Positiven überrascht und mir einige Herausforderungen geboten, an welchen ich wachsen konnte – ich habe nicht viel erwartet, trotzdem kam alles anders. Es wird mit Sicherheit eines der interessantesten Erlebnisse in meinem Leben bleiben.